Es wäre unfair, hier nur auf die Kleidung von Frauen einzugehen, und darum schreibe ich meinen zweiten Artikel über die Kleidung von Männern:
Ich erinnere mich an eine Szene aus einem Titanic-Film, den ich in meiner Kindheit gesehen habe. Dort bekommt ein Heranwachsender eine neue Hose, eine kurze, wie es damals bei Jungen üblich war. Das hatte einen praktischen Grund: Knaben spielten Fußball, Fangen, und andere Spiele, bei denen sie gelegentlich stürzten. Hätten sie lange Hosen getragen, wären diese dabei zu Schaden gekommen, kurze Hosen dagegen in der Regel nicht. Wenn es kalt war, trugen die Knaben lange Strümpfe. Diese zu ersetzen war immer noch billiger als eine Hose. Erwachsene Männer trugen dagegen lange Hosen, und wenn sie zum Fußballspielen gingen, dann zogen sie sich vorher um.
Ich weiß nicht mehr, wie er es begründet hat, war er konfirmiert, volljährig, oder was auch immer, jedenfalls meinte der Junge, junge Mann, dass er nun schon erwachsen sei, und ihm folglich eine lange Hose zustünde. Sein Vater hat das akzeptiert, und ihm eine schneidern lassen. Als das Schiff sank, war der Vater erstaunt, als er seinen Sohn bei den Männern stehen, die auf ihren Tod warteten. Er fragte ihn, warum er nicht in einem der Rettungsboote sei. Der Sohn erwiderte, dass er nun lange Hosen trage, damit ein Mann sei, und kein Recht mehr auf einen Platz im Rettungsboot habe. Ich weiß nicht mehr, ob der Vater ihn in den Arm genommen hat, jedenfalls hat er seine Anerkennung dafür gezeigt, dass sein Sohn solch ein Pflichtbewusstsein hat.
Gut, das war ein Film, und die Szene eher aus dramaturgischen Gründen eingefügt, und nicht, weil sie sich so zugetragen hat. Den meisten Männern war und ist es aber klar, dass zu einem Mann auch Pflichten gehören. Als die Titanic gesunken war, meinten Feministinnen, dass es gerecht gewesen sei, dass die Mehrzahl der Männer auf dem Schiff ertrunken, (nur 20 % wurden gerettet,) und die Mehrzahl der Frauen, (74 %) und die gut Hälfte der Kinder (52 %) gerettet worden seien, denn die Männer wären schließlich für die schlechten Sicherheitsvorkehrungen verantwortlich gewesen. Das haben die Männer damals offensichtlich genauso gesehen, und haben die Konsequenz gezogen, auch wenn sie ihnen das Leben gekostet hat. Der Unterschied zwischen Männern und Frauen war übrigens größer als der Unterschied zwischen der ersten Klasse (62 % gerettet) und der dritten Klasse (25 %). Die Überlebenschance einer Frau aus der dritten Klasse (46 %) war immer noch besser als die eines Mannes aus der ersten (33 %). Sonderbar, warum wird bei diesem Unglück immer über den Unterschied zwischen den Klassen gesprochen, und nicht über den zwischen den Geschlechtern?
Wie dem auch sei, ich wollte eigentlich auf etwas anderes hinaus: Der Junge mit den langen Hosen war wohl erfunden, aber die Pflichterfüllung der Männer ist nicht nur auf der Titanic bestens dokumentiert: Männer hatten „die Macht“, aber in weiten Teilen hatten sie auch Pflichtbewusstsein. Die meisten Frauen waren damals auch keine Feministinnen, zumindest nicht in dem Maß, dass sie den Tod der Männer für die verdiente Strafe gehalten hätten, und so haben sie den Männer für ihren Einsatz ein Denkmal gesetzt. Heute haben die Frauen das Wahlrecht, in Deutschland beträgt der Frauenanteil 51 %, damit haben sie sogar die Mehrheit, und könnten jeden Mann abwählen, wenn sie wollten. Frauen haben damit mehr Macht als früher, übernehmen aber nicht mehr Verantwortung, und der vorzeitige Tod ist immer noch Männersache: 2003 waren laut Robert-Koch-Institut 92 % der Toten durch Arbeitsunfälle Männer. Bei den Toten des Afghanistan-Einsatzes waren es sogar 100 %. Diese Zahlen sind keine Einzelfälle, bei so ziemlich jedem Unglück, – Flugzeugabsturz, Grubenunglück, die Mordlust eines Diktators – trifft der vorzeitige Tod überwiegend Männer. Das ist auch kein Naturgesetz, sondern eine von Menschen bewusst getroffen Festlegung: Frauen haben in Deutschland das Wahlrecht und bestimmen damit über die Politik – und in Deutschland sogar als Bundeskanzler. Wenn diese Politik aber zum Krieg führt, dann müssen Männer das Sterben übernehmen: Das allgemeine Wahlrecht schließt Frauen ein, die „allgemeine“ „Wehr“pflicht – auch wenn sie im Moment ausgesetzt ist – betrifft dagegen nur Männer. Das Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz sieht Frauenquoten für Posten bei der Bundeswehr vor, aber keine Frauenquoten für die Gefallenen, Frauen machen eben auch beim Bund nicht die gleiche Arbeit wie Männer. Dasselbe gilt im Berufsleben: Männer verdienen unter anderem deswegen mehr, weil sie größere Risiken eingehen. Frauen fordern nun denselben Lohn, aber auch hier keine Frauenquote bei den Berufsunfällen. Logischerweise wollen sie das nicht, aber sie tun dann eben nicht dieselbe Arbeit; die Forderung müsste dann ehrlicherweise „gleicher Lohn für bequemere Arbeit“ lauten, und nicht „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Und bei den Schiffen ist es dasselbe: Frauen entscheiden durch ihr Wahlrecht auch über die Sicherheitsvorschriften auf den Schiffe; sie ist damit heute eben nicht mehr alleine eine Männersache, aber die Männer sollen weiterhin alleine die Verantwortung dafür tragen, denn die Frauen erwarten weiterhin, dass sie zuerst in die Rettungsboote dürfen – auf sinkenden Schiffen gibt es keine Feministinnen.
Außer dem Wahlrecht und den Frauen in Hosen hat sich noch etwas anderes geändert: Frauen bauen Männer keine Denkmäler mehr – die Männer müssen weiter dieselben Opfer bringen wie damals, aber in dem Maß, wie die Frauen mehr Macht bekamen, ging ihre Dankbarkeit für die Opferbereitschaft der Männer zurück. Und wenn doch ein Denkmal gebaut würde, dann würden sie fordern, dass dort auch die weiblichen Opfer erwähnt werden, schließlich kamen bei dem Unglück auch Frauen um. Das Denkmal galt aber nicht den Opfern der Katastrophe – dafür hätte es sich auch gelohnt, ein Denkmal zu bauen – sondern der Bereitschaft der Männer, ihr Leben für Andere zu lassen – und da gab es eben keine Frauen, die dazu bereit gewesen waren. Keine Frau hat auf ihren Platz im Rettungsboot verzichtet, um ihn einem Mann zu überlassen, keine einzige. Eine Frau wollte mit ihrem Mann sterben, eine fand keinen Platz mehr auf dem Rettungsboot, weil sie nach ihrem Kind gesucht hatte, aber im Namen der Gleichberechtigung hat keine Frau ihren Platz im Rettungsboot einem Mann überlassen, keine einzige, damals nicht, und heute auch nicht. Und das ist wie gesagt nicht nur aus sinkenden Schiffen so, nie haben sich Feministinnen für gleiche Pflichten eingesetzt, nie, nie, nie, – und wenn Männer ebenfalls Gleichberechtigung einfordern, und auf die Punkte hinweisen, an denen sie benachteiligt werden, dann werden sie „Frauenfeinde“ genannt, und es wird ihnen vorgeworfen, sie wollten die Frauen wieder am Herd sehen. Gleichberechtigung, im Sinne gleicher Rechte und Pflichten, war nie das Ziel der Feministen.
Sicher hat es auch pflichtvergessene Männer gegeben, keine Frage, aber Millionen haben ihre Pflicht getan, und Millionen sind für das gestorben, was sie für ihre Pflicht gehalten haben. Nach dem letzten Krieg hat man den Kriegsdienst wieder eingeführt, und wieder als reinen Männerkriegsdienst, wie bei den drei vorangegangenen Kriegen auch. Es gab eine Handvoll Totalverweigerer, und eine größere Anzahl von Simulanten, aber Million von Männern haben Kriegs- oder Ersatzdienst geleistet, von den Frauen dagegen keine einzige. Und ich kenne auch keine Frau, die für die Einführung des Frauenkriegsdienstes wäre, keine einzige, selbst unter den bekennenden Antifeministinnen nicht.
Das ist der Unterschied zwischen den (langen) Hosen, die Männer tragen, und den Hosen, die Frauen anhaben.
Stand: 28.08.11